+ Am dritten Dezember war Falbala nicht zu sehen. + Ihre Schürze hing sauber über dem Stuhl in der Küche, + und der Plätzchenteig von gestern stand kühl gestellt im Vorratsraum, + als wäre er noch nicht entschieden, ob er heute gebraucht werden wollte. +
+ ++ Hades war den ganzen Vormittag unterwegs – niemand wusste genau, wo. + Vielleicht war er mit den Kindern im Dorf, vielleicht auch einfach nur für sich. + Jedenfalls war es still im Schloss. +
+ ++ Erna fand Barney im Gerätehaus, wo er gerade versuchte, die Lichterkette auseinanderzubauen. + Auf dem Tisch lagen Werkzeuge, drei leere Kaffeetassen und ein halboffenes Schaltkästchen. + Die Lichter flackerten nicht mehr. Sie taten gar nichts mehr. +
+ ++ „Hast du einen Fehler gefunden?“, fragte sie. + Barney schüttelte den Kopf. + „Ich weiß nicht, was die Lichterkette hat. Mal geht sie, mal nicht. + Fast so, als würde sie nur halbtags arbeiten wollen.“ + Erna schmunzelte. + „Ist sie etwa in der Gewerkschaft?“ + Dann wurde sie ernster. + „Aber mal ehrlich, Barney. Darüber wollte ich mit dir reden.“ +
+ ++ Sie trat näher, legte die Hände in die Jackentaschen und sah ihm dabei zu, wie er einen kleinen Lötkolben ansteckte. + Es roch nach Staub und Metall. +
+ ++ „Dir ist doch auch aufgefallen, dass in letzter Zeit alles ein bisschen... seltsam läuft?“ + Barney sah auf. + „Du meinst die Küche, die Kerzen, die Lichter?“ + Sie nickte. + „Und nicht nur das. Jedes Mal, wenn irgendwas schiefläuft... hör ich ein Brummen. Ganz leise. So, als ob irgendwas tief im Schloss mitläuft.“ + Barney blinzelte. Dann legte er das Werkzeug zur Seite. +
+ ++ „Ich hab’s nicht gehört“, sagte er. „Aber ich hab’s gespürt. Manchmal, wenn ich auf dem Flur beim Westtrakt bin... da vibriert der Boden so komisch.“ + Erna sah ihn ernst an. + „So was hatten wir noch nie, oder?“ + „Nicht, dass ich wüsste“, sagte Barney. „Und ich hab ein paar merkwürdige Winter mitgemacht.“ +
+ ++ Sie standen einen Moment schweigend da. + Dann runzelte Barney die Stirn. + „Warte mal…“ + Er ging langsam zum Fenster, als würde er dort einen Gedanken fangen, der sich versteckt hatte. + „Minze hat mal was gesagt. Vor Jahren. Ich war vielleicht fünfzehn. Sie hatte mir den Keller gezeigt, ganz unten, weißt du? Die Abteilung, wo das Heizsystem früher mal war.“ + Erna nickte. „Die Tür ist doch zugemauert.“ + „Ja. Aber dahinter, hat sie gesagt, steht eine Maschine. Oder... irgendwas. Ich hab’s nicht so ernst genommen.“ +
+ ++ „Was für eine Maschine?“ + Barney zuckte mit den Schultern. + „Minze meinte, die sei wichtig. Für Weihnachten. Nicht für die Heizung, nicht für Strom – sondern für das, was Weihnachten in Bratonien ausmacht.“ + Er sah Erna an. „Damals klang das wie eine dieser Geschichten, die man kleinen Kindern erzählt, damit sie den Kamin nicht auseinandernehmen.“ +
+ ++ „Und jetzt?“, fragte Erna. + „Jetzt klingt’s nicht mehr ganz so absurd.“ +
+ ++ Sie sagte nichts. Stattdessen zog sie den Schal enger um den Hals. + Barney klappte das Werkzeugkästchen zu. + „Wir holen die anderen“, sagte er. + „Falbala ist nicht da“, sagte Erna. + „Dann Hades. Und wenn wir sie gefunden haben – gehen wir runter. Zu dem Brummen.“ +
+ ++ Draußen regnete es inzwischen leicht. Kein Schnee, kein Glanz. + Nur der dritte Dezember, der sich anfühlte, als hätte jemand vergessen, ihn ordentlich zu starten. +
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