Der zweite Dezember begann mit Zimt. Nicht mit Glocken, nicht mit Gesang â nur mit dem ehrlichen, klebrigen Versuch, Weihnachten in Blechform zu gieĂen. Falbala stand in der SchlosskĂŒche, den Ărmel hochgekrempelt, ein Holzlöffel wie ein Marschbefehl in der Hand, und starrte auf einen Teig, der sich weigerte, sich an irgendetwas zu halten â Regeln, Rezept oder Finger.
âDas ist doch nicht dein Ernstâ, sagte sie zu niemandem, auĂer vielleicht zum Teig selbst, der in zĂ€hen Wellen am Rand der SchĂŒssel klebte. Der Ofen summte leise im Hintergrund, so zuverlĂ€ssig wie immer. Dachte sie.
Das erste Blech verbrannte. Nicht leicht gebrĂ€unt, nicht knusprig â verkohlt. Und das, obwohl sie exakt die gleiche Zeit genommen hatte wie jedes Jahr. Der Blick auf die KĂŒchenuhr bestĂ€tigte es. âAlso wirklichâ, murmelte sie, âwenn du damit anfangen willst, dann mach das gefĂ€lligst im Februar.â
Zwei RĂ€ume weiter versuchte Hades, âStill, still, stillâ auf der Geige zu spielen. Das klang an sich schon nach SelbstĂŒberlistung â aber heute klang es vor allem falsch. Dumpf, spannungslos. Als wĂŒrde die Geige mit ihm streiten. Er setzte dreimal neu an, korrigierte die Stimmung, lauschte â und hörte nichts als Widerspruch. Beim vierten Mal legte er den Bogen nieder, stand auf und verlieĂ den Raum, als hĂ€tte ihn etwas beleidigt.
Im Innenhof stand Barney mit hochgezogener Kapuze in der KĂ€lte. Die neue Lichterkette, die er gestern mit beinahe kindlicher Sorgfalt aufgehĂ€ngt hatte, flackerte wie ein widerspenstiger Sternenhimmel. Erst ging sie, dann nicht, dann wieder nur halb â dann leuchtete sie in Farben, die nicht vorgesehen waren. Barney fluchte nicht. Noch nicht. Er holte ein Ersatzkabel, prĂŒfte die Verbindungen, tippte gegen das SteuergerĂ€t. Nichts half.
âVielleicht bist du beleidigt, weil ich nicht die aus dem Katalog genommen habeâ, sagte er schlieĂlich zur Kette. Sie antwortete mit völliger Dunkelheit.
Erna stand derweil in der groĂen Halle, zĂŒndete die Kerzen auf dem Kranz erneut an â und saw zu, wie die mittlere fast sofort wieder verlosch. Kein Luftzug, kein Knacken, kein sichtbarer Grund. Nur ein leiser, harmloser Tod der Flamme. Beim zweiten Versuch blieb sie an. Aber sie flackerte nervös, als wĂŒrde sie etwas ahnen.
Am Abend saĂen alle in der kleinen Speisekammer am Tisch â Falbala mit Mehl in den Haaren, Hades mit dem Blick ins Nichts, Barney mit den HĂ€nden in der Jackentasche. Niemand sagte etwas. Niemand wollte anfangen. Und Erna, die die Stille bemerkte, tat das Einzige, was sie tun konnte: Sie griff zur Kaffeekanne und schenkte nach.
Die Lichterkette blieb dunkel.